Der Donauradweg, einer der längsten Radwege in Europa. Davon verlaufen laut Wikipedia allein in Deutschland rund 600km. Vor einigen Jahren bin ich bereits vom Ursprung bis Ingolstadt geradelt. Jetzt wollte ich die Strecke bis Wien kennenlernen. Anlass war ein Krankenbesuch in Bad Abbach. Das ist ganz nah bei Regensburg und praktisch auf dem Donauradweg. Ich fuhr mit dem Zug bis Augsburg und radelte zuerst entlang des Lechs „rauf“ zur Donau. Das war ein wirklich schöner Anfang der Tour. Selbst das Zugfahren, wie immer abenteuerlich, hat Spaß gemacht.
Ich hatte mein Zelt, Schlafsack und Isomatte eingepackt und war für kühles und warmes Wetter gerüstet. Doch gleich für die erste Nacht wurden plötzlich sehr starke Gewitter angesagt. Darauf hatte ich so gar keine Lust. Zum Glück gibt es auf dem sehr einfachen Campingplatz des Rudervereins in Neuburg a. d. Donau auch ein paar Zimmer zu mieten. Die kosten aktuell 35 Euro pro Nacht. Das wollte ich mir leisten. Und obwohl das Zimmer sehr einfach war (nur mit dünnen Zimmertüren, sodass man jedes Geräusch der Nachbarn hörte und ihr Licht hereinschien), hat es sich gelohnt. Denn es schüttete, blitzte und donnerte gewaltig!

Meine Reise führte mich über Bad Abbach und Regensburg weiter bis Straubing. Dort lernte ich einen älteren Herren kennen, als ich gerade mein Frühstück auf einer Bank aß und Störche beobachtete. Er erzählte mir von seiner Kindheit, als seine Familie aus Schlesien vertrieben wurde. Sie fuhren in Trecks mit Pferdefuhrwägen. Der Mann musste weinen, so sehr lebte seine Erinnerung auf. Erstaunlich, welche Begegnungen man bei solch einer Reise erlebt, wenn man sich etwas Zeit nimmt.
Weiter ging es nach Vilshofen, wo ich bei einem Biohof, ganz oben am Berg unter eine Nussbaum übernachtete. Es kostete nur fünf Euro, dafür hatte ich einen kleinen Sanitärraum zur Verfügung und musste in Schräglage schlafen.

Bis Linz musste ich einige Baustellen-Umwege fahren. Die waren allerdings abwechslungsreich, denn die Strecke entlang des Flusses ist schon sehr langweilig. Angenehm emfpand ich, dass die Wege ab Österreich geteert sind, sodass das Rad schön rollt. Aber man sieht meist nichts anderes als Böschung, Hang, geraden Fluss. Übrigens gibt es dort oft „akuten, permanenten Steinschlag“! Ich zählte irgendwann die Tiere, die mir auffielen, von zwei Eidechsen über viele lebende und tote Schmetterlinge bis zu einem Eisvogel. Und ich hörte mir ein sehr langes Hörbuch an, um die Monotonie der Strecke zu überbrücken. Ein bisschen Gegenwind war dann auch stets dabei, sodass die Fahrt nicht so schön war. Lustig fand ich die Begegnungen mit Menschen, die man öfter trifft. Ein Paul aus USA sprach mich an, um nach einem Campingplatz zu fragen. Ich traf ihn bis kurz vor Wien auf drei Plätzen.
Als ich durch Mauthausen fuhr, konnte ich nicht anders und quälte mich den Berg hinauf bis zur Gedenkstätte des ehemaligen „KZ-Mauthausen“. Wie kann es sein, dass an einem so wundervollen Ort, mit einer Aussicht weit über das Land, so schreckliche Verbrechen begangen worden sind? Die Gedenkstätte ist sehr modern ausgestattet, leider jedoch nicht besonders gut kuratiert. Es gibt kaum Informationen und keinerlei sinnliche Erfahrungsmomente. So ist es sicher insbesondere für Schüler*innen schwer, zu begreifen, was hier passierte. Trotzdem ist es sinnvoll und wichtig, solche Orte zu besuchen und sich immer wieder bewusst zu machen, was geschieht, wenn Menschen dank massiver Propaganda blind werden und sich menschenverachtenden Ideologien anschließen.

Highlight auf der Strecke ist sicher die Wachau. Wobei man beim Radeln davon auch nicht so viel mitbekommt. In den Orten ist es dann so voll, dass es kaum möglich ist, irgenwo einen Kaffee zu trinken. Aber es gibt etwas fürs Auge, wenn man nach oben sieht, zu Burgen, Klöstern und Wein.

Zum Abschluss, kurz vor Wien, hat mich dann doch noch der Starkregen überrascht. Ich platzierte mein Zelt unter einer großen Platane, wo der Boden ohne Gras festgestampft war. Mangels Alternative dachte ich, dieser Platz bietet wenigstens die Chance auf Morgensonne. Nachdem ich duschte und einkaufte, fing es an zu regnen. Der Wetterbericht hatte leichten Regen angesagt, also war ich ganz entspannt. Ich packte meine Kochuntensilien im überdachten Bereich des Platzes aus und machte es mir gemütlich. Doch der Regen wurde sehr viel stärker und ein Gewitter stand direkt über dem Ort. Es schüttete unglaubliche Mengen. Ich schaute mit Erschrecken zu, wie die Zeltwiese im Wasser versank. Und mein Zelt auch! Ich habe ein Ultraleichtzelt mit einem Boden, der nur 10cm hoch reicht. Nach etwa knappen Stunde ließ der Regen nach und ich watete zum Zelt. Ich stand knöcheltief im Wasser. Vorsichtig zog ich die Heringe raus und trug das Zelt samt Inhalt unters Dach. Denn ich traute mich nicht, die Sachen rauszuholen, aus Angst dass dann das Wasser reinlaufen könnte. Und ihc hatte so ein Glück. Die Isomatte war nur an einer Stelle nass und der Schlafsack hatte fast gar nichts abbekommen. Nur meine Schuhe, die vor dem Zelt standen, waren samt Lederinnensohlen patschnass. Was solls!
Ich entschied, unter dem Dach zu schlafen. Auf dem teuersten Campingplatz der Reise (20 Euro) lag ich neben der Schranke, neben den Eisenbahnschienen und auf Betonplatten (die mit den Kieseln). Es war eine sehr bescheidene Nacht.
Der letzte Tag begann sehr früh, sodass ich schon um 8 Uhr in Wien war. Die Sonne kam kurz raus und ich konnte noch zwei Stunden lang Wien genießen, bevor ich ganz spontan in einen Zug der Westbahn stieg und nach Hause fuhr.

Mein Fazit der Reise: Ich wollte eine einfache, unkomplizierte Herbsttour machen. Ja, das hatte ich, denn es gab ausreichend Campingplätze und ab Österreich eine super Beschilderung des Donauradwegs. Nur ist die Strecke wirklich sehr langweilig. Die Campingplätze fand ich überwiegend zu teuer, vor allem weil die Ausstattung meist mäßig war. Aber hier gibt es eben sehr viel Reisende, da können die Betreiber verlangen, so viel sie wollen. Mir hat es trotzdem Spaß gemacht, ich habe interessante Leute kennengelernt und habe die Zeit im Freien, Tag und Nacht, genossen.
Nachhaltigkeitstipp
Für mein selbstgekochtes Essen habe ich eine gut verschließbare Edelstahldose dabei. Ich koche immer zwei Portionen, sodass ich am zweiten Tag schon alles in der Dose dabei habe. Das spart Müll, Gas und ist praktisch.
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